Quelle und mehr dazu:Unterschlagung, Geldwäsche, Korruption, Betrug: Im Vatikanstaat steht ein spektakuläres Strafverfahren an. Es geht um den Verlust vieler Millionen Euro Kirchengeld.
Eines der ältesten Gebete der katholischen Kirche ist das Schuldbekenntnis, das Confiteor. Ursprünglich diente es zur Vorbereitung des Klerus auf die Heilige Messe, später wurde es zum festen Bestandteil des Gottesdienstes und bis heute kennen auch Nicht-Christen daraus zumindest die eine berühmte Formel: "mea culpa". Trotzdem gesteht auch der Vatikan Schuld ungern ein. Insbesondere dann, wenn es um Verbrechen auf dem Gebiet des Vatikanstaates geht.
Blutigstes Beispiel aus jüngerer Vergangenheit: Am Abend des 4. Mai 1998 betrat eine Ordensfrau die Wohnung des Kommandanten der Schweizergarde nahe der Porta Sant‘Anna, einem der Tore zur Vatikanstadt – und fand drei Leichen: Kommandant Alois Estermann, seine Frau Gladys Meza Romero und Vize-Kommandant Cédric Tornay. Von diesem Augenblick an machte der Vatikan alles falsch. Obwohl der italienische Innenminister Hilfe bei den Ermittlungen anbot und der Vatikan nicht einmal über Experten für Spurensicherung verfügte, lehnte er das Angebot ab. Schlimmer noch: Der Pressechef des Vatikans, Joaquín Navarro-Valls, und der damalige Substitut des Staatssekretariats, Giovanni Battista Re, spazierten durch die Wohnung, ohne dass der Tatort gesichert worden wäre. In einer Pressekonferenz nur anderthalb Tage danach erklärte der Heilige Stuhl den Fall für gelöst: Tornay habe den Kommandanten, dessen Frau und schließlich sich selbst erschossen. Verhandelt wurde die Bluttat nie.
Nächste Woche jedoch wird ein anderer Fall im Vatikanstaat groß verhandelt. Am 27. Juli 2021 beginnt ein Strafprozess um den Verlust von Kirchengeldern, wie ihn Rom noch nicht erlebt hat. Zum ersten Mal in der Geschichte steht mit Giovanni Angelo Becciu ein Kardinal vor einem vatikanischen Gericht. Neben ihm sind zehn weitere Personen angeklagt, die Schuld am Verzocken von Kirchengeldern in Millionenhöhe tragen sollen. Und diesmal will der Staat des Papstes alles richtig machen. So leitet einer der prominentesten Staatsanwälte Italiens, Giuseppe Pignatone, den Prozess. Der heute 72-Jährige wurde berühmt durch seine Ermittlungen gegen die sizilianische Mafia, die Cosa Nostra. Dass er durchgreift, merkte Italien, als die Mafia einen Raketenwerfer mit seinem Namen vor dem Gerichtsaal im kalabrischen Reggio ablegte.
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