#201 Petro-Staaten: Explosive Klimapolitik
Verfasst: 22.02.2021 09:43
A G E N D A 2 1Petro-Staaten: Explosive Klimapolitik (2021-02-21)
Eine Kolumne von Henrik Müller
Revolten, Repression, Revolution? Der Ausstieg aus Öl und Gas könnte viele Förderländer politisch destabilisieren. Die Welt braucht eine Strategie gegen die neuen Risiken – gerade Europa ist gefordert.
Der Klimawandel macht die Welt unsicherer. Konflikte um die Verteilung knapper Ressourcen nehmen zu. Wassermangel, Dürren, Überflutungen von Küstenregionen, Flüchtlingsbewegungen, bis hin zu militärischen Auseinandersetzungen und Terror – all diese Gefahren sind seit langem bekannt. John Kerry, der frühere US-Außenminister und heutige Klimabeauftragte der Biden-Regierung, hat sie dieser Tage noch einmal betont. Die Erwärmung der Atmosphäre sei eines der »komplexesten Sicherheitsprobleme, mit denen wir es je zu tun hatten«, sagte er bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Die Spannungen nähmen zu – »die Glut des Konflikts« werde angefacht.
Leider lässt sich daraus nicht schließen, dass Klimaschutz per se für Entspannung sorgt. Im Gegenteil: Der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen wird wohl zunächst keine friedlichere Welt schaffen, sondern für Spannungen sorgen. Verteilungskonflikte nehmen zu. Herrschaftssysteme geraten unter Druck. Ganzen Weltregionen droht eine Destabilisierung. Entwicklungen, die auch Europas Sicherheitslage beeinflussen werden. Allerdings ist eine EU-Strategie zum Umgang mit den neuen Unwägbarkeiten bislang nicht erkennbar (achten Sie Freitag auf den EU-Gipfel zur Außen- und Sicherheitspolitik).
All das spricht keineswegs gegen eine entschlossene Klimapolitik. Doch wir sollten damit verbundene Risiken und Nebenwirkungen auf dem Schirm haben, während der Schutz der Erdatmosphäre abermals ganz oben auf die internationale Politikagenda rückt:
Dienstag berät der UN-Sicherheitsrat über Klima- und Sicherheitsfragen. Parallel dazu beginnt in Nairobi die nächste UN-Umweltversammlung zur nachhaltigen Entwicklung. Im November wird der nächste Klimagipfel in Glasgow stattfinden; das Pariser Abkommen von 2015, dem die USA gerade wieder beigetreten sind, soll verschärft werden. Bill Gates, Microsoft-Gründer und Milliardär-Aktivist, hat sich gerade mit einem neuen lesenswerten Buch in die Debatte eingemischt und zeigt einen begehbaren Weg hin zur Nullemissionsweltwirtschaft auf. Finanzmärkte und Notenbanken ringen darum, Klimarisiken stärker bei Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen. Keine Frage, es ist eine Menge in Bewegung in Sachen Klimapolitik.
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