Türkische Militäroffensive -- Donald Trump rät Kurden zum Rückzug
Der US-Präsident hat seine Drohung wiederholt, die Türkei wirtschaftlich zu sanktionieren. Zudem forderte er die Kurden auf, sich aus dem Grenzgebiet zurück zu ziehen.
US-Präsident Donald Trump hat der Türkei erneut mit Sanktionen gedroht. "Ich habe der Türkei klargemacht, dass wir sehr schnelle, starke und harte Wirtschaftssanktionen verhängen, wenn sie ihre Verpflichtungen nicht einhalten", sagte Trump. Zu diesen Verpflichtungen zähle der Schutz religiöser Minderheiten sowie die Überwachung von IS-Häftlingen. Der Präsident warnte die Türkei, dass inhaftierte IS-Kämpfer während der Militäroffensive in Nordsyrien die Flucht gelingen könnte.
Zudem riet er den kurdischen Kämpfern, sich aus dem umkämpften Grenzgebiet zur Türkei zurückzuziehen. Es sei sehr schwierig, eine Streitmacht zu schlagen, die – im Gegensatz zu den eigenen Einheiten – über eine Luftwaffe verfüge, sagte Trump. Deshalb hoffe er, dass sich die in Nordsyrien agierenden Kurdenmilizen von der Grenze zur Türkei entfernen.
Am Mittwoch hatte die Türkei eine Militäroffensive im kurdischen Gebiet Rojava in Nordsyrien gestartet. Seit Beginn der Invasion sind Zehntausende Menschen aus ihrer Heimat geflohen, mehrere Menschen starben. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden mindestens 30 Zivilistinnen und Zivilisten in den Gefechten getötet. Trump hatte die Militäroperation als eine "schlechte Idee" bezeichnet. Auf Twitter drohte er zuvor dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan mit ökonomischen Konsequenzen, sollte dieser in Syrien nicht "so human wie möglich" vorgehen.
Der amerikanische Präsident steht allerdings in der Kritik, die türkische Militäroffensive erst ermöglicht zu haben. Kurz vor Beginn der türkischen Offensive hatte Trump nach einem Telefonat mit Erdoğan den Abzug von US-Soldaten aus der nordsyrischen Grenzregion veranlasst. Sowohl Demokraten als auch Republikaner werfen dem Präsidenten vor, dadurch kurdische Alliierte im Stich gelassen zu haben. Trump sagte dazu in der Rede vom Samstagabend, es sei nicht die Aufgabe der USA, die "nächsten 50 Jahre" die Grenze zwischen der Türkei und Syrien zu bewachen.
Die Türkei will mit der Offensive gegen die kurdische YPG-Miliz vorzugehen. Die von der YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) waren im Kampf gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) ein wichtiger Verbündeter der USA. Die Türkei sieht in der YPG einen Ableger der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit eine Terrororganisation. Die türkische Regierung befürchtet, dass die nach Autonomie strebenden Kurden jenseits der Südgrenze ein eigenes quasi-staatliches Territorium errichten. Zudem will Erdoğan in der Grenzregion eine 30 Kilometer tiefe "Sicherheitszone" einrichten und syrische Geflüchtete dort ansiedeln.
Die türkische Militärinvasion stößt international auf Kritik. Menschenrechtsorganisationen warnen vor einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Zudem sehen sie in der Ansiedlung von Geflüchteten in dem Gebiet ein Bruch des Völkerrechts.
Die Europäische Union hat die Türkei aufgefordert, die Offensive zu beenden, die deutsche Bundesregierung will Rüstungsexporte an die Türkei stoppen. Auch Frankreich und Norwegen wollen vorerst keine Waffen in die Türkei mehr liefern. Der ehemalige US-Verteidigungsminister James Mattis warnte in einem NBC-Interview vor einem Wiedererstarken des IS.
In mehreren Städten Europas gingen am Samstag aus Protest gegen den türkischen Einmarsch Zehntausende Menschen auf die Straße. Allein in Köln schlossen sich Schätzungen zufolge mehr als 10.000 Menschen einem Protestmarsch an. Rund 4.000 Demonstrierende waren es in Frankfurt am Main, jeweils etwa 3.000 in Hamburg und Hannover. Größere Kundgebungen fanden auch in Berlin, Bremen und Saarbrücken statt. In Frankreich demonstrierten ebenfalls Tausende in mehreren Städten gegen den türkischen Militäreinsatz, ähnlich war das Bild in Wien und mehreren Schweizer Großstädten.