Wegen Rohstoffmangel werden Plastikfolien knapp, berichtet ein leitender Mitarbeiter eines Herstellers. Das könnte massive Folgen für Lieferketten haben, warnen Brancheninsider.
Am vorvergangenen Sonntag veröffentlichte TE den Bericht eines Insiders aus der Kunststoffindustrie. Der Vertriebschef eines mittelständischen Anlagebauers warnte, dass Plastik-Rohstoffe so knapp wie noch nie seien und die Kunststoff-Produktion in vier bis acht Wochen ganz zum Erliegen kommen könnte.
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Nun meldet sich ein weiterer Brancheninsider bei TE. Der Mann ist leitender Vertriebsmitarbeiter bei einem der größten Polyethylen-Folienhersteller in Deutschland. “Wir werden Mitte April ein Drittel unserer Anlagen herunterfahren müssen, weil unser Rohstofflager leer sein wird”, berichtet er. Man könne nur noch die Hälfte des Rohstoffbedarfs an sogenanntem PE-Granulat einkaufen. Schon jetzt reduziere man die Liefermengen: Wolle ein Kunde etwa 10 Tonnen Folie bestellen, biete man ihm 5 Tonnen an. In den kommenden Wochen werde man manche Kunden gar nicht mehr beliefern können, sagt der Mann.
Der eingangs genannte Vertriebschef eines Anlagebauers sagt auf Anfrage, die Aussagen deckten sich mit seinen Beobachtungen: “Wenn tatsächlich mehrere Folien-Anlagen eines großen Herstellers abgeschaltet werden, kann man davon ausgehen, dass ohne ausreichenden, sehr kurzfristigen Nachschub andere Hersteller im Wochenrhythmus ebenfalls abstellen. Polyolefine sind noch nie soweit ich zurückdenken kann “short” gelaufen, das ist eine Gemengelage, die uns regelrecht um die Ohren fliegen wird.” Weiter führt er aus, dass man ohne Folien Waren nicht mehr für den Transport per LKW, Schiff oder Flugzeug verpacken könne. Im schlimmsten Fall käme der Welthandel komplett zum Erliegen, meint er.
Laut dem Mitarbeiter des Folienherstellers sind PE-Folien sehr knapp. “Wir erhalten Aufträge ohne Ende. Ständig kommen Anfragen von Neukunden herein. Manche sagen sogar, sie seien bereit, jeden Preis zu zahlen”, erzählt er. Die Preise seien regelrecht explodiert – um 70 Prozent seit Dezember. Gleichzeitig rechnet der Mann mit Insolvenzen, da wirtschaftlich schwächere Folienhersteller schon jetzt nicht in der Lage seien, Rohstoffe zu den hohen Preisen einzukaufen. Ob bereits viele Folienhersteller die Produktion eingeschränkt haben, konnte der Mann nicht sagen.
Der Arbeitgeber des Mannes beliefert vor allem die Baustoffbranche, etwa Ziegelwerke. Die verpackten die Ziegeln im letzten Produktionsschritt mit einer PE-Folie. Sei die nicht verfügbar, müsse das gesamte Ziegelwerk die Produktion einstellen. “Ohne Folie ist keine Lagerung möglich, da sonst ein Ziegel nass werden kann und die Steine somit unbrauchbar sind”, erklärt er. Gleiches gelte für Holzwerke, Getränkehersteller oder die Zementindustrie, die man ebenfalls beliefere.
Etwa packe die Getränkeindustrie Sixpack-Flaschen auf eine Palette und umhülle diese mit PE-Folie. Das diene zur Ladungssicherung, sagt der Mann und erklärt: “Ohne Verpackungsfolie können keine Paletten ausgeliefert werden und es können auch die einzelnen Flaschen zu keinem Sixpack zusammengeschweißt werden.”
Warum Plastikrohstoffe fehlen, sei schwer zu übersehen. “Die Rohstoffhändler sagen uns, dass 75 bis 80 Prozent nach China gehe, weil die dortigen Unternehmen höhere Preise bezahlen”, sagt der Mann. Außerdem liefen bei vielen Herstellern von PE-Granulat gerade TÜV-Verfahren, bei denen die Produktionsanlagen mehrere Wochen still stünden. Warum gerade jetzt gehäuft die Anlagen überprüft würden, konnte der Vertriebsmitarbeiter weder erklären noch nachvollziehen. In Europa gebe es zwischen 10 und 15 PE-Granulathersteller.
Mit einer Entspannung rechnet der Vertriebsleiter frühestens ab Mitte Juli. Bis dahin könnten die TÜV-geprüften Anlagen in Europa wieder produzieren. Inwieweit sich die Folienknappheit auf andere Branchen auswirken könne, sei schwer einzuschätzen. Das hänge davon ab, wie hoch die Lagerbestände von etwa Lebensmittelherstellern seien.
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