Umweltverbände hatten „schwerwiegende“ Fehler im Tesla-Verfahren bemängelt. Nun reagiert die zuständige Behörde und lässt die Anhörung der Kritiker wiederholen.
(© dpa) Tesla will spätestens im Dezember mit der Produktion von Elektroautos beginnen.
Beim Bau der ersten europäischen Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin drohen neue Verzögerungen. Der Grund: Die Online-Erörterung von mehr als 800 Einwänden gegen das Projekt des US-Elektroautobauers muss wiederholt werden. Das hat das Landesamt für Umwelt (LfU) entschieden, teilte das Brandenburger Umweltministerium am Donnerstag mit. Die Behörde will damit etwaigen Klagen vorgreifen.
Mehrere Umweltverbände hatten zuvor eine Wiederholung der digitalen Erörterung gefordert. Sie begründeten das unter anderem mit einem „schwerwiegenden“ Verfahrensfehler des Landesumweltamts, das für die Frage der Genehmigung der Fabrik zuständig ist: Die Behörde habe die Frist für die Bekanntmachung der Internet-Konsultation nicht eingehalten, sagte Thorsten Deppner, der Anwalt des Naturschutzbundes (Nabu) und der Grünen Liga Brandenburg.
Die Online-Erörterung von über 800 Einwänden gegen die Fabrik startete am 24. September und endete am 14. Oktober. Da die Behörde nun eine erneute Prüfung angesetzt hat, ist auch unklar, wann über die abschließende Genehmigung der Autofabrik entschieden wird.
Tesla reagierte gelassen auf die Entscheidung der Behörde. Es bleibe das Ziel, die ersten Produktionsfahrzeuge in Berlin vor Ende des Jahres zu bauen, erklärte der Konzern auf Anfrage des Handelsblatts. Es sei geplant, die Produktion dann so schnell wie möglich hochzufahren. Jedoch könne die „Hochlaufkurve“ aufgrund der Neuheit des Designs, der Technologie, des Standorts und der Teams „im Moment“ noch nicht vorhergesagt werden.
Auch Tesla-Chef Elon Musk hatte sich zuletzt bei einem Tag der offenen Tür in Grünheide am 9. Oktober zuversichtlich gezeigt. Er wolle in der neuen Fabrik spätestens im Dezember mit der Produktion von Elektroautos beginnen, sagte er. Tesla will dann auch Batterien fertigen. Kritiker befürchten, dass dadurch Trinkwasser knapp wird und es negative Folgen für Pflanzen und Tiere geben könnte. Tesla hat die Kritik zurückgewiesen.
Eigentlich erlaubt das sogenannte Planungssicherstellungsgesetz Online-Anhörungen. Damit will der Bundesgesetzgeber gewährleisten, dass auch unter den pandemiebedingten Einschränkungen Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitbeteiligung rechtssicher weitergeführt werden können, ohne dass Industrie- oder Infrastrukturprojekte ausgesetzt werden müssen.
Verbände warnen vor „Sonderbehandlung für Tesla“
Die Umweltverbände hatten mit Blick auf das Tesla-Verfahren jedoch einen „Präzedenzfall“ aus Nordrhein-Westfalen angeführt, bei dem in einem wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren im Regierungsbezirk Arnsberg eine abweichende Rechtsauffassung vertreten wurde. Weil unklar sei, wie sich Verwaltungsgerichte in Brandenburg im Fall einer Klage entschieden, werde das Verfahren wiederholt, erklärte das Landesumweltministerium.
Die neue Erörterung soll am 2. November starten und am 22. November enden, die Bekanntmachung ist für den 25. Oktober vorgesehen.
Nach Angaben des Anwalts der Umweltverbände hätte die Online-Konsultation laut Gesetz mindestens eine Woche vor Beginn im Amtsblatt bekannt gemacht werden müssen. Das sei aber erst zwei Tage vorher geschehen, am 22. September, sagte Deppner. Damit sei die Frist nicht eingehalten worden.
„Wenn es in Brandenburg nicht so sein soll, dass es eine Sonderbehandlung für Tesla gibt in rechtswidriger Art und Weise, dann müssen das LfU und die Landesregierung zu ihren Worten stehen“, sagte der Anwalt von Nabu und Grüner Liga.
Sorge um Kontaminierung des Grundwassers
Zuletzt hatte der für die Tesla-Fabrik zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) vor Risiken für das Grundwasser gewarnt. „Unsere Sorge ist, dass bei Störfällen, insbesondere in der geplanten Batteriefabrik, eine Kontaminierung des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden kann“, sagte Verbandschef André Bähler dem Handelsblatt. „Die Folgen für das geschützte Trinkwasser wären nicht auszudenken.“ Bähler fordert, in einem Gutachten die Gefahren für das Grundwasser durch die geplante Batteriefabrik zu bewerten.
Bähler hatte auch auch infrage gestellt, wie der künftige Wasserbedarf der Fabrik gedeckt werden soll. Er verwies auch auf die Ansiedlung anderer Unternehmen wie Zulieferer sowie auf neue Wohnungen für Beschäftigte. Niemand wisse, woher das Wasser für den zusätzlichen Bedarf kommen solle.
Das Brandenburger Umweltministerium sieht bisher keinen neuen Handlungsbedarf, da für weitere Ausbaustufen noch keine Planungen oder Anträge vorlägen.
(Autor: Neuerer, Dietmar)