Bis 2030 könnte Istanbul von katastrophalen Erdbeben-Schäden heimgesucht werden. Millionen von Gebäuden und Hunderttausende von Menschen sind in Gefahr.
Frankfurt/Istanbul – Die Gefahr eines verheerenden Erdbebens in Istanbul nimmt stetig zu, warnen Seismologinnen und Seismologen. Expertinnen und Experten sind sich nach jahrelangen Studien entlang der Nordanatolischen Verwerfung einig, dass die Millionenmetropole in naher Zukunft von einem schweren Beben betroffen sein könnte. „Die Frage ist nicht ob, sondern wann es passieren wird“, erklärte Prof. Dr. Naci Görür, ein angesehener Erdbebenexperte, gegenüber der dpa. Er glaubt, „es werden Hunderttausende umkommen“.
Millionen Gebäude bei Erdbeben in Istanbul stark gefährdet
Besonders besorgniserregend ist die Bausubstanz in Istanbul. Der türkische Umweltminister Murat Kurum gesteht ein, dass die Stadt Schwierigkeiten hätte, einem großen Erdbeben standzuhalten, wie turkishminute.com berichtet. Von den 7,5 Millionen Wohn- und Geschäftsgebäuden seien 1,5 Millionen stark gefährdet, wobei etwa 600.000 Gebäude unmittelbar einsturzgefährdet sind.

Millionen Gebäude in Istanbul wären bei einer Erdbeben-Katastrophe stark gefährdet.
Die Stadtverwaltung hat in den letzten Jahren verstärkt in Präventionsmaßnahmen investiert. Minister Kurum betonte: „Wir haben die Umwandlung von 907.000 unabhängigen Einheiten in Istanbul abgeschlossen, aber wir müssen unsere Initiativen zur städtischen Transformation beschleunigen.“ Er forderte die Bewohner auf, gefährdete Gebäude zu verlassen, und appellierte an die Gemeinden, der Erdbebenvorsorge Vorrang vor „unnötigen Debatten“ zu geben.
Diese Stadtteile in Istanbul sind von einem Erdbeben besonders bedroht
Geologische Untersuchungen haben die am stärksten gefährdeten Gebiete in Istanbul identifiziert. Professor Şener Üsümezoy von der Universität Istanbul erklärte gegenüber turkiyetoday.com: „Die schlimmsten Bodenbedingungen beginnen in Bakırköy und erstrecken sich entlang der Küste des Marmarameeres. Diese problematische Formation setzt sich von Topkapı über Yenikapı fort, umfasst Zeytinburnu und Ataköy und erreicht die Küste nahe Büyükçekmece.“
Ein Beben der Stärke 6,0 oder höher könnte in Silivri und Kumburgaz erhebliche Bodenverschiebungen verursachen. „Im Falle eines Erdbebens könnten Silivri und Kumburgaz erhebliche Bodenverschiebungen erleben. Gebäude in diesen Gebieten sind gefährdet, hangabwärts zu rutschen, insbesondere in Regionen, die von Erdrutschen betroffen sind, die bereits Fundamentprobleme verursacht haben“, warnte Üsümezoy.
Bericht offenbart weitere Gefahren bei Erdbeben in Istanbul
Neben den Gefahren durch einstürzende Gebäude gibt es weitere Risiken. Die Istanbuler Niederlassung der Kammer der Chemieingenieure (KMO) veröffentlichte einen Bericht mit dem Titel „Gefahren durch Chemikalien nach einem Erdbeben in Istanbul“. Der Bericht hebt die Risiken von Sekundärkatastrophen hervor, darunter Brände, Explosionen und chemische Lecks. „Unfallszenarien und -modelle im Bericht warnten davor, dass Beschädigungen oder Lecks an Toluoldiisocyanat (TDI)-Tanks, die in Istanbul und Kocaeli gelagert werden, während eines Erdbebens dauerhafte Organschäden, Atemprobleme, Asthmaanfälle und Hautreizungen verursachen könnten.“
Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen und die Europäische Union haben Unterstützung zugesagt und stellen Mittel für Frühwarnsysteme und Katastrophenschutzübungen bereit. Doch letztlich, so sind sich die Experten einig, wird es auf die Vorbereitung jedes Einzelnen ankommen, um die Auswirkungen der drohenden Naturkatastrophe zu minimieren.
Wahrscheinlich von Erdbeben mit Magnitude 7 liegt in Istanbul noch vor 2030 bei 60 Prozent
Das Kandilli-Observatorium schätzt die Wahrscheinlichkeit eines Erdbebens mit einer Stärke von mehr als 7 vor 2030 auf 60 Prozent. Angesichts dieser alarmierenden Zahlen und des aktuellen Stands der Vorbereitungen kann die Dringlichkeit verbesserter Infrastruktur- und Notfallmaßnahmen in Istanbul nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Die Nordanatolische Verwerfung, eine der aktivsten Störungszonen weltweit, hat in den letzten Jahrzehnten bereits mehrere katastrophale Erdbeben ausgelöst. Das Beben von Izmit im Jahr 1999, bei dem mehr als 17.000 Menschen starben, ist ein trauriges Beispiel. Seismische Spannungen haben sich seither kontinuierlich in Richtung Westen verlagert, direkt auf Istanbul zu.
Vor hunderttausenden Toten warnte zuletzt auch die japanische Regierung bei einem potenziellen Erdbeben.